Wer ein Buch liest, erinnert sich später nicht an die vielen Buchstaben. Aber an die Protagonisten und Geschichten und die damit verbundenen Emotionen. Vieles davon läuft unbewusst ab. Ähnlich bei der Radiowerbung. Um die Werbepointe im Kopf der Zielgruppe (richtig) zu verankern, müssen zahlreiche Aspekte berücksichtigt werden.
Erlebnisse und Kultur beeinflussen den «Kinofilm»
«Radiowerbung ist Kino im Kopf» lautet ein bekannter Slogan. Wer Radio hört, hat kein Bild vor sich. Man macht sich aufgrund vom Gehörten ein Bild. Dieses Bild wird durch Musik, Wortwahl, das Marktschreierische oder die gespielte Szene beeinflusst. Wo das Vorstellungsvermögen gefordert wird, fliessen auch persönliche Erlebnisse hinein. Es gilt nicht was A sagt, sondern was B versteht.
Ein Radiospot, der das S.O.S Zeichen verwendet, kommt bei Hörern an der Meeresküste schlecht an. Viele Angehörige leben vom Fischfang und sind oft auf dem unberechenbaren Meer unterwegs. Wird in der Schweiz im Radio für Käsekuchen geworben und ein Schwabe hört zu, erwartet er süssen Quarkkuchen.
Chance und Gefahren von Slogans
Der amerikanische Präsident Barack Obama hat den Slogan «Yes, we can!» in seiner Wahlpropaganda verwendet. Ist Obama erfolgreich, wird damit etwas Gutes assoziiert. Inzwischen ist er eher umstritten. Der Slogan wirkt darum abgedroschen und kann keine positiven Gefühle und Vorstellungen mehr auslösen. Handumkehrt haben Slogans oder bekannte Sprüche grossen Wiedererkennungswert. «Dä söll emol cho» ist in der TV-Sendung Teleboy vom kürzlich verstorbenen TV-Entertainer Kurt Felix entstanden. Wer diese Sendung gesehen hat, kann sich immer noch an die entsprechende Szene erinnern.
Ein Slogan muss einfach und prägnant sein, möglichst originell und Bilder aus dem Alltag wecken. Heute ist es möglich, via Google nach dem Ursprung eines Slogans zu forschen. So erkennt man auch, in welchem Zusammenhang dieser verwendet wurde.
Regionale Aspekte
Radiowerbung kann heute dank Lokalradio gezielter eingesetzt werden. Dabei muss in den Spots auf regionale Dialekte geachtet werden. Der Baslerdialekt kommt beispielsweise in einem Berner Radio nicht gut an. Heimat schafft Vertrauen. Was nicht verstanden wird, schafft unnötige Hürden.
Kino und Erinnerungen
Mit den richtigen Stimmen, Elementen (Hintergrundgeräuschen) und der Wortwahl kann ein möglichst positives Gefühl bei der Zielgruppe ausgelöst werden. Unvergesslich ist die Begleitmusik, die die Migros in ihren Spots, sowohl in TV wie im Radio verwendet hat. In weiteren Spots konnte mit diesem Element die Migros in den Köpfen der Zielgruppe verankert werden. Damit wurde nicht nur das Kino im Kopf gefördert, sondern auch Erinnerungen geweckt.
Spezial Interest Radio
Zum Schluss noch ein Hinweis: Inzwischen gibt es zahlreiche Special Interest Radios, wo Radiowerbung zielgruppengerecht gebucht werden kann. Je nach Werbebotschaft und Zielgruppe sind diese bei Kampagnen mit zu berücksichtigen. Mit der Förderung von Spezialinteressen schafft man Vertrauen, mit Vertrauen steigert man die Kontaktqualität und damit die Chance auf einen Kauf. Die thematische Nähe zum Hörer ist hier entscheidend.