Eine kleine Geschichte der Lichtwerbung
Man kann sich den Aufstieg der Elektrizität gegen Ende des 19. Jahrhunderts nicht revolutionär genug vorstellen. Erst recht für die Werbung. Die Geschäftsleute im jungen Schweizer Bundesstaat und deutschen Kaiserreich erkannten schnell, wie wirksam elektrisches Licht als Werbeträger war. Am Berliner Spittelmarkt wurde 1896 die erste Lichtwerbeanlage installiert, sehr zum Erstaunen und Entzücken des vorbeigehenden Publikums. Richtig berühmt wurde eine Lichtinstallation der Zigarettenmarke Manoli. Anders als heute gestaltete sich diese Art von Lichtwerbung aus einzelnen, zum Teil farbigen Glühbirnen, die so hintereinander geschaltet wurden, dass durch ihr kurzes Aufblinken die Illusion eines sich drehenden Rads entstand. Aus Blech geformte Buchstaben wurden mit Glühbirnen bestückt, die den Firmennamen weit herum sichtbar machten.
«Nervenzerrüttung» oder moderne Kultur?
Doch nicht alle Passanten waren von den neuen Werbemethoden begeistert: Es gingen Klagen ein, in denen die mit Licht betriebenen Werbungen für Nervenzusammenbrüche verantwortlich gemacht wurden. Um 1900 wurde in Berlin gar ein Verbot der Lichtwerbung durchgesetzt, mit der Begründung, das ungewohnte Licht würde die Pferde scheu machen. Die begeisterten Befürworter hingegen hielten diese moderne Lichtwerbung für das «hervorstechendste Merkmal moderner Kultur». Der Erste Weltkrieg und die darauffolgende Weltwirtschaftskrise führten zu einem Erlöschen der Lichtwerbung, wohingegen die Nazis Lichteffekte zu einem zentralen Bestandteil ihrer Propagandainszenierungen machten.
Der Boom der Leuchtkästen seit 1950
Machen wir einen zeitlichen Sprung. Denn ihre wahre Revolution erlebte die Leuchtkastenwerbung in den 1950er Jahren. Sowohl im kapitalistischen Westen als auch beispielsweise in der DDR wurde die Nützlichkeit der Lichtwerbebranche neu entdeckt. Überhaupt war die Ausleuchtung der Städte ein wichtiges Thema geworden. Doch jetzt wurden Neonanlagen individuell gefertigt und zunehmend durch hinterleuchtete Acrylglaskästen mit Folienbeschriftung ersetzt. Unzählige Leuchtkästen, wie wir sie heute noch kennen, zierten die Städte Europas.
Auch 2015 bringen Leuchtreklamen Licht ins Dunkle. Marken rücken mit Leuchtwerbung in Form von Leuchtdisplays, Leuchtschriften oder als Leuchtkasten an Fassaden, auf Dächer, in Schaufenster oder bei Eingängen in den Mittelpunkt.
Quelle: Dirk Reinhardt: Von der Reklame zum Marketing. Geschichte der Wirtschaftswerbung in Deutschland. Berlin 1993.
Mehr zum Thema Leuchtkästen und Beschriftungen siehe: Leuchtreklamen, Leuchtschriften – auffallen im Dunkeln